2023 | Harmonium auf dem Herd –
eine Suchbewegung zwischen Harmonie & Aggro


Recherche


Zu Beginn meiner Recherche fragte ich: Moderieren oder eskalieren? Kommunikation ist eine Kunst, ein ständig zu schaffendes Kunstwerk unter Verschiedenen. Harmonie ist schön und warm – zu viel Harmonie jedoch kann wehtun, macht gleichgültig und verhindert Veränderungen. Es braucht Konflikte, um Zukünfte zu gestalten! Wie können wir streiten ohne uns dabei weh zu tun? Wann beginnt eine Dissonanz weh zu tun und wann hat sie Potenzial sich in eine Harmonie zu verwandeln? Ist sowas wie kontrollierte Eskalation möglich? Was braucht es dafür? Und wer kümmert sich um den Raum, in dem all das stattfinden kann? 

#wirbrauchenSTREITkräfte!

Oft schließt Moderation Unerwartetes aus und tötet den Diskurs. Es fehlt die Kompetenz produktiver Streitfähigkeit: es fehlen STREITkräfte!

STREITkräfte wissen: die Welt und/oder das Leben tut leider ständig weh. Geteilte Grundannahme für Streit braucht nicht nur ein "don't hurt!" sondern auch vorherige Einigung in der Frage: unter welchen Umständen kann ich etwas unwohliges aushalten, um einen offenen Prozess mit anderen mitzuverfolgen? Was braucht es, damit wir möglichst lange in einem Raum bleiben?
STREITkräfte brauchen ein WarmUp.
STREITkräfte geraten in nonverbalen Konflikt, wenn sie in Bahnen gezwängt werden.
STREITkräfte tragen auf Fensterbänken schneller Uneinigkeiten aus, als sitzend am Tisch.
STREITbare Bahnen kleben fest. Nicht geführter Streit klebt.
STREITkräfte brauchen einen neuen Umgang mit Tabus.
STREITkräfte brauchen Streitstoff: Worum streiten wir?
Auf verbale Uneinigkeiten folgt ein körperliches Nachspiel.
2 STREITkräfte in einem schwellenden Konflikt geraten durch Drittes in eine kontrollierte Eskalation.
STREITkräfte wünschen sich, dass andere bleiben//alle bleiben.

Das Hosting gruppendynamischer Räume geschieht nie durch Gefühllosigkeit oder Objektivität, sondern ist ganzkörperlicher Einsatz (“körperliche Dressur”, “der ganze Körper als Auge”). Kontrollierte Eskalation unter der Grundannahme “Alle wollen das Gute” ist ein schöpferischer Akt, kann jedoch nur in einem gestalteten Raum gelingen, der als Spiel angelegt ist. Das Hosting solch eines Raumes beinhaltet: wach sein mit allen Sinnen, intuitive Entscheidungen treffen, Grenzen ziehen, klare Kante zeigen, vermitteln, Ja sagen und das Unerwartete zulassen. Rüstzeug hierfür sind: Vokale, gestisches Material, ein Alter Ego als Moderatorin oder bestenfalls weitere Spielfiguren, um nicht alleine streitbar zu sein. 

Das alles kann trainiert werden deswegen braucht Gesellschaft performative Streittrainings!

Herzlichen Dank an die Kolleginnen, die mir ihre Zeit und Erfahrungen für ein Interview und gemeinsame performative Recherche schenkten!

Gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR.